Fertility Tracker Methode
Als Fertility Tracker Methode (FTM) wird eine Methode im Sinne der Natürlichen Familienplanung (engl. Fertility Awareness) bezeichnet. Durch die Anwendung dieser Methode können Frauen ihre unfruchtbaren von fruchtbaren Tagen innerhalb ihres Menstruationszyklus mit einer Genauigkeit von über 99% unterscheiden1. Bei der Fertility Tracker Methode nutzt die Anwenderin einen Zykluscomputer (eng. Fertility Tracker) wie den LadyComp. Über einen integrierten hochsensiblen Temperatursensor misst die Anwenderin täglich ihre Basaltemperatur und dokumentiert ihre Menstruation. Der Fertility Tracker speichert die Daten automatisch und wertet diese eigenständig anhand eines integrierten Algorithmus aus, um das fruchtbare Fenster2 einzugrenzen.
Der erste Fertility Tracker wurde von Dr. Hubertus Rechberg bereits 1986 entwickelt. Das Unternehmen Valley Electronics produziert und vertreibt nach wie vor Fertility Tracker weltweit – mittlerweile ist mit dem aktuellen Lady-Comp die 6. Generation der Zykluscomputer verfügbar.
Algorithmus des Fertility Trackers
Die Fertility Tracker Methode basiert auf der Logik vorhandener manueller Methoden der Natürlichen Familienplanung wie der Kalkulothermalen Methode* oder der Symptothermalen Methode und ergänzt diese um einen integrierten selbstlernenden Algorithmus, der darauf abgestimmt ist, signifikante Unterschiede in der Basaltemperatur (Basal body temperature, BBT) sowie variablen in der Zykluslänge zu erkennen.
Während die Kalkulothermale Methode ein starres Berechnungskonzept nutzt (der Beginn der fruchtbaren Zeit wird anhand des kürzesten Zyklus minus 18 Tage berechnet, der Beginn der unfruchtbaren Zeit hingegen wird anhand der Temperatur ermittelt, s. auch Knaus-Ogino-Methode3), ermöglicht die Fertility Tracker Methode eine individuelle Berechnung der fruchtbaren Tage nach der Menstruation anhand zuvor gemessener persönlicher Zyklen.
Die Fertility Tracker Methode nutzt also keine pauschale Berechnungsformel, sondern lernt durch den integrierten Algorithmus und die fortlaufende Datensammlung den individuellen Zyklus präziser auszuwerten. So geht die Methode zu Beginn der Anwendung (aufgrund des Mangels an ausreichenden Daten) davon aus, dass alle Tage nach der Menstruation in den ersten Zyklen fruchtbar sein könnten (siehe Abbildung). Diese als fruchtbar gekennzeichneten Tage werden fortlaufend mit jedem weiteren Zyklus individuell angepasst und durch den lernenden Algorithmus zunehmend genau eingegrenzt.
Ausschlaggebend für die Berechnungen von Lady-Comp sind die Basaltemperatur-Daten aus der täglichen Messung sowie die ermittelte signifikante Veränderung der Basaltemperatur nach dem Eisprung. Das Hormon Progesteron, welches vom Corpus Luteum (Gelbkörper) ausgeschüttet wird, hat einen thermogenen Effekt, der dazu führt, dass die Basaltemperatur (BBT) nach dem Eisprung um ca. 0,2-0,3°C ansteigt4 (siehe Abbildung). Dieser Temperaturanstieg ist somit retrospektiv (rückblickend) ein Indiz (retrospektiver Index) dafür, dass der Eisprung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit stattgefunden hat5,6. Einen Tag nach dem signifikanten Anstieg der BBT liegt die Chance einer erfolgreichen Befruchtung bei nur noch 0,8 %, zwei Tage nach dem Anstieg bei 0.4 %7. Anhand dieser Daten kann der Algorithmus die unfruchtbaren von den fruchtbaren Tagen mit einer Genauigkeit von über 99% unterscheiden. Dabei werden auch Angaben der Anwenderin zu Beginn und Ende des Menstruationszyklus mit einbezogen.
Vorteile der Fertility Tracker Methode
Ein Nachteil der etablierten Methoden der Natürlichen Familienplanung ist das Lesen und Interpretieren der gemessenen Daten und dadurch resultierende menschlichen Rundungs- und Interpretationsfehler8,9 sowie die Verwendung nicht einheitlich konfigurierter Messmittel10. Bei der Fertility Tracker Methode wird die Messung der Basaltemperatur und die Auswertung der individuellen Fruchtbarkeit in einem Gerät kombiniert, wodurch menschliche sowie technische Ungenauigkeiten weitestgehend ausgeschlossen werden können.
Zusammengefasst besteht die Fertility Tracker Methode aus vier Elementen:
- Die Aufzeichnung bzw. Dokumentation und das Erlernen neuer Daten (der täglich gemessenen Basaltemperatur, dem Beginn und Ende der Menstruation sowie den gesammelten historischen Zyklusdaten) durch einen Fertility Tracker.
- Die Evaluierung des statistisch signifikanten Temperaturanstieges nach dem Eisprung.
- Die statistische Berechnung der unfruchtbaren Tage am Beginn des Zykluses, ausgehend vom frühesten signifikanten Temperaturanstieg vorhergegangener Zyklen.
- Die kategorische Vermeidung menschlicher Eingabe- und Interpretationsfehler durch die Kombination aus Hardware (Thermosensor) und Software (Algorithmus) in einem Gerät (Fertility Tracker).
1) van de Roemer N., Haile L., Koch C.K., The performance of a fertility tracking device. The European Journal of Contraception & Reproductive Health Care
2) Raith-Paula, E., Frank-Herrmann, P., Freundl, G. & Strowitzki, T. Natürliche Familienplanung heute. (Springer Berlin Heidelberg, 2013). doi:10.1007/978-3-642-29784-7.
3) Holt, J. G. H., H. Marriage and Periodic Abstinence. (1960).
4) Su, H.-W., Yi, Y.-C., Wei, T.-Y., Chang, T.-C. & Cheng, C.-M. Detection of ovulation, a review of currently available methods. Bioeng. Transl. Med. 2, 238–246 (2017).
5) Prior, J. C., Naess, M., Langhammer, A. & Forsmo, S. Ovulation Prevalence in Women with Spontaneous Normal-Length Menstrual Cycles – A Population-Based Cohort from HUNT3, Norway. PLOS ONE 10, e0134473 (2015).
6) Shilaih, M. et al. Modern fertility awareness methods: wrist wearables capture the changes in temperature associated with the menstrual cycle. (2018) doi:10.1042/BSR20171279.
7) Colombo, B. & Masarotto, G. Daily fecundability: first results from a new data base. Demogr. Res. 3, [39] p. (2000).
8) Pallone, S. R. & Bergus, G. R. Fertility Awareness-Based Methods: Another Option for Family Planning. J Am Board Fam Med 22, 147–157 (2009).
9) Fehring, R. J., Schneider, M., Barron, M. L. & Pruszynski, J. Influence of Motivation on the Efficacy of Natural Family Planning. MCN Am. J. Matern. Nurs. 38, 352–358 (2013).
10) Händel, P. & Wahlström, J. Digital contraceptives based on basal body temperature measurements. Biomed. Signal Process. Control 52, 141–151 (2019).